Finther Weltmeisterinnen Julia und Nadja Thürmer...

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Mehrmals in den vergangenen Tagen haben Julia und Nadja Thürmer mit ihrem Vater Frank die Finther Radsporthalle zum Training betreten. Tausende Male haben sie dies in den...

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FINTHEN. Mehrmals in den vergangenen Tagen haben Julia und Nadja Thürmer mit ihrem Vater Frank die Finther Radsporthalle zum Training betreten. Tausende Male haben sie dies in den vergangenen Jahren gemacht. Doch in dieser Woche ist alles anders. Da tritt auch eine Portion Wehmut mit ein in die Halle, wenn die dreifachen Weltmeisterinnen im Kunstrad-Frauen-Zweier und ihr Trainer durch die Eingangstür gehen. Denn es sind die letzten gemeinsamen Übungseinheiten als Leistungssportlerinnen. Am Samstagabend beenden die Schwestern ein halbes Jahr nach dem letzten Wettkampf offiziell mit einer Gala in der Draiser Sporthalle ihre Karriere. Um 17.30 Uhr gehen dort die Türen auf, um 19.30 Uhr beginnt das Showprogramm, und etwa zwei Stunden später werden Julia und Nadja Thürmer ihre Abschiedskür fahren. Und dann ist das so erfolgreiche gemeinsame Kunstrad-Kapitel vorbei.

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Vor allem für Nadja Thürmer bedeutet dies einen Einschnitt. Während Julia Thürmer inzwischen als Trainerin beim RV Finthen aktiv ist und dem Kunstradsport so treu bleibt, ist Nadja Thürmer an den Bodensee umgezogen. Die Finther Radsporthalle wird sie vermissen, wie sie sagt: „Ich war schon gerne hier.“ Und auch nach den unzähligen Trainingsstunden haben die Schwestern die Räumlichkeiten dort noch nicht über. „Das ist hier ja fast wie daheim“, sagt Julia Thürmer. Und Nadja schiebt grinsend hinter: „Quasi wie das Kinderzimmer.“

Und die vereinseigene Übungsstätte ist, wie Frank Thürmer betont, auch eines der Erfolgsgeheimnisse des Duos gewesen. „Die Halle hat für Konstanz gesorgt, denn wir konnten immer hier üben und auch ausgefallene Trainingseinheiten stets nachholen. In städtischen oder Schulturnhallen wäre das nicht möglich gewesen“, sagt der Coach. Für diese Möglichkeit sind die Thürmers dem RV Finthen auch enorm dankbar. Nicht nur deshalb sagt Frank Thürmer: „Der Verein war unser größter Sponsor.“

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Zu den weiteren Erfolgsgeheimnissen des Duos zählt die Fähigkeit, nach Rückschlägen nie aufgegeben zu haben. Nadja Thürmer stellt dies bei der Frage nach den Höhepunkten ihrer Karriere sogar noch über die drei WM-Titel. „Am prägendsten war es 2014, als wir kurz vor der Hauptsaison erkrankt waren und uns anschließend noch fast für die WM qualifiziert hätten. Wir haben uns immer zurückgekämpft, und das ist in meinen Augen noch mehr wert als die Titel, weil es mir mehr für das Leben mitgegeben hat“, sagt Nadja Thürmer.

Auch die Suche nach Perfektion nehmen die Fintherinnen von ihrem Sport mit. „Für mich bestand der Ansporn auch darin, es immer besser machen zu wollen und zu sehen, was man aus sich herausholen kann“, sagt Julia Thürmer. Und das war so viel, dass sich die Schwestern mit den mehrfachen Weltmeisterinnen Katrin Schultheis/Sandra Sprinkmeier (RV Ebersheim) und Jasmin Soika/Katharina Wurster (SV Mergelstetten) stets auf Augenhöhe bewegten und nach dem Rücktritt dieser beiden Duos von 2015 bis 2017 der Konkurrenz so weit enteilt waren, dass sie in den letzten drei Jahren ihrer Laufbahn keinen Wettkampf mehr verloren.

Nach dem Empfang ihres Vereins für dem WM-Sieg Ende November 2017, auf dem sie ihren Rücktritt verkündet hatten, trainierten die Schwestern fast nur noch auf diese eine letzte Kür bei ihrer Abschlussgala hin. Sie wird zum Großteil aus den Übungen bestehen, mit denen sie zum dritten Mal Weltmeister geworden waren. Aufgrund des reduzierten Trainingspensums gelingt es ihnen zwar nicht mehr, alle Elemente in den bei Wettkämpfen vorgeschriebenen fünf Minuten zu präsentieren. Aber diese Freiheit genießen die Thürmers, so wie sie auch beim Besuch der Europameisterschaft vor zwei Wochen festgestellt haben, dass dies „als Zuschauer sehr entspannt ist“. Mit ihrer Rücktrittsentscheidung können sie also gut leben.

Vielleicht geht es nun auf dem Bodensee ins Ruderboot

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Während Julia Thürmer nun durch Joggen und Einheiten im Fitnessstudio aktiv bleibt, sucht Nadja Thürmer in ihrem neuen Wohnort am Bodensee eine neue Sportart. „Vielleicht gehe ich zum Rudern. Denn in der Gemeinschaft macht Sport am meisten Spaß“, sagt sie. So wie sie es jahrelang mit ihrer Schwester erlebt hat. „Dass wir beide dies zu zweit gemacht haben, war mit das Tollste am Kunstradsport“, erklärt Nadja Thürmer. Am Samstagabend werden die Schwestern diese Gemeinschaft noch einmal zeigen. In ihrer letzten Kür als Kunstrad-Duo.